Was ist Retifismus?

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           Schuhe und Stiefel - erotische Muntermacher



Rückblende ins Berlin der 1900er bis 1933er Jahre - das war damals ein Tummelplatz für Fetischisten und Masochisten, was sich anhand der Vielfalt der öffentlich zur Schau gestellten stiefelfetischistischen Lustbarkeiten ablesen lässt.


Als beliebtes Amüsierviertel galt das Gebiet rund um den Wittenbergplatz -  das war das Revier der "Boot Girls": geschäftstüchtige Dominas, die dem Berliner Nachtleben sein allgegenwärtiges Lokalkolorit gaben. 


Klaus Mann schreibt in "Der Wendepunkt", S. 177. 

„Einige der Damen – grimmige Matronen in streng geschnittenen Kostümen – fielen durch hohe Stiefel aus rotem oder grünem Leder auf. Es war eine dieser Gestiefelten, die mir zu meinem Entzücken heiser zuflüsterte: ‚Magste Sklave sein?’, wozu sie auch noch eine Reitgerte an meiner Wange durch die Luft zischen ließ. Ich fand es wundervoll."




Ein besonderer Sehnsuchtsort für Stiefeljünger war die Ecke Passauer/Ansbacher Straße, westlich des Wittenbergplatzes. Hier gaben sich grell kostümierte Stiefelmädchen ein Stelldichein, die ausstaffiert wie Reiterinnen des 19. Jahrhunderts aufgereiht  in rotschwarzen Uniformen paradierten. Ihr Erkennungszeichen war der aus der Handtasche hervorlugende Stiel einer griffigen Reitpeitsche, die masochistisch-orientierten Freiern die handfeste Bereitschaft zu rustikaler Schlagfreudigkeit in Aussicht stellte.

 

 

(Outdoor) Stiefelmädchen, die sich als freiberufliche Dominas verdingten, waren an ihrer   Pelzbekleidung identifizierbar und gaben sich durch ihre wadenlangen, wilhelminischen Stiefel aus schwarzem Leder zu erkennen. Sie verstanden sich darauf, im Handumdrehen Kontakte zu Berlin-Besuchern aus der Provinz  zu knüpfen, die nach rascher Triebabfuhr gierten, welche in nahe gelegenen Pensionen zeitnah zum Vollzug anstand.



Die käuflichen Damen, die rund um den Wittenbergplatz ihrem Gewerbe nachgingen, ließen durch kleine Unterschiedlichkeiten in der Farbgebung ihrer Stiefel abgestufte Nuancen ihrer stets präsenten erotischen Dienstleistung erkennen. Das Kombinieren verschiedenfarbiger Schnürsenkel und Bänder an ihrem Schuhwerk implizierte eine Codierung, die routinierten Freiern geläufig war:

  • Schwarze Stiefel.  Ich biete dir meine Stiefel zum Lecken an, während ich auf dem Bett liege. 
  • Braune Stiefel:  Mein Angebot an dich sind Fesselspiele in Stiefeln oder bestrumpftem Fuß. 
  • Kobaltblaue Stiefel: Ich führe an dir eine erzwungene Feminisierung durch und penetriere dich mit Hilfe eines vorgeschnallten Penis-Ersatzes. 
  • Lackierte goldene Stiefel: Ich offeriere erzwungene Feminisierung durch Bondage & Folter. 
  • Gift-grüne Stiefel:  Ich biete die volle Bandbreite verbalerotischer Erniedrigung. 
  • Ziegelrote Stiefel: Ich peitsche dich tüchtig durch; du bist dabei hilflos ans Bett oder Kreuz gefesselt. 
  • Scharlachrote Stiefel: Ich führe deine Erziehung zum Transvestiten durch. 
  • Schwarze Schnürsenkel: Ich sorge für deine Bestrafung mittels kurzer Reitpeitsche. 
  • Goldschnürsenkel: Ich vollziehe meinen Stuhlgang auf deiner Brust. 
  • Kastanienbraune Schnürsenkel: Dich erwartet verbale Demütigung. 
  • Weiße Schnürsenkel: Ich führe dich am Halsband wie einen Hund. 
  • Weiße Bänder auf Stiefeln: Ich biete dir ein Rollenspiel-Szenario, in dem du als männlicher Kunde dominant beginnst und als devotes Luder endest.
Als Retifist bin ich Damenstiefel-affin. Ich lasse alles stehen und liegen, sobald mir jemand mit nuttigen Schuhen über den Weg stolpert. Unlängst habe ich mir ein eigenes Paar übers Internet besorgt. Waschechte Fetischstiefel - die stehen nun immer in Griffweite für mich. Huschhusch habe ich sie mir überstreift. Kaum ist der Fuß drin, dann beginnt schon das Vergnügen. Ich stelze hin zum Spiegel und schwelge im Anblick meiner Verworfenheit. Kokett verdrehe ich meine Füßchen; von allen Seiten sehe ich meine Lieblinge an; delektiere mich an ihrer Aufmachung, liebkose sie mit meinen Blicken und starkse nach Herzenslust auf und ab. Vor Wonne selig gebe ich mich ihnen hin, geriere mich als Bordsteinschwalbe, die "gefesselt" der Zwangherrschaft so ganz und gar unterworfen ist, berausche mich daran, dass ich meiner Beweglichkeit vollständig beraubt bin - und vollziehe - endlich ! - den irgendwann nicht mehr aufschiebbaren Genuss!

Die Bedürfnisse des Retifisten wurzeln in seinem Wünschen nach Akzeptanz, Sicherheit und Schutz, nach Geborgenheit und Vertrauen. Letztlich danach, als Mensch angenommen zu werden, sich Zugehörigkeit zu verschaffen, Verständnis zu erlangen,  soziale Anerkennung zu finden - gerade und in Anbetracht der Lächerlichkeit seiner damenhaften Starkser. 


Bringen wir hier den Urvater des Schuhfetischismus ins Spiel: Nicolas Edmonde Rétif de La Bretonne (1734-1806). In seiner Autobiographie "Monsieur Nicolas" (1794-1797) schrieb er unter anderem: "Von der heftigsten, ganz abgöttischen Leidenschaft für Colette fortgerissen, wähnte ich sie leiblich zu sehen und zu fühlen, indem ich die Schuhe, die sie eben noch getragen hatte, mit meinen Händen betastete. Ich drückte meine Lippen auf das eine dieser Kleinode, während mir in einem Anfall von Raserei das andere das Weib ersetzte ... Dieser bizarre, wahnsinnige Genuss schien mich - wie soll ich sagen? - auf geradem Wege zu Colette selbst zu führen." 

Retifs sexuelle Fixierung auf Schuhe führte zu der Bezeichnung Retifismus für diese Art von Fetischismus. Als Schilderer der Sitten der französischen Revolutionszeit hat ihn Iwan Bloch gewürdigt. Retif konnte sich zeitweise rühmen, jenseits des Rheins der meistgelesene französische Autor zu sein. Bekannt ist, dass seine Werke sogar von Goethe und Schiller mit Respekt zur Kenntnis genommen wurden.
 
Wenn du eine Ansprechbarkeit für Stiefel mitbringst, kannst du auf eine Präferenzstruktur aufbauen, die in unterschiedlichsten Spielarten wirksam werden kann. Zum Beispiel im Rahmen eines „Shoejobs“ , also durch die sexuelle Stimulation deines Partners mithilfe des Schuhs. Oder bei einem lustvoll abgehenden „Sniffing“, bei dem du genussgierig getragenes Schuhwerk beschnupperst. Oder durch das „Shoeworshipping“, was das "Sauberlecken" oder Putzen von Schuhen oder Stiefeln zum Ritual erhebt. 
Vielleicht steht deine Vorliebe mit Verbindung mit einem speziellen Schuhtyp - ist eventuell gar auf eine bestimmte Marke oder ein besonderes Modell bezogen? Ich für mein Teil begehre High Heels und Overknees, kenne aber andere Fetischisten, die z. B. auf Springerstiefel, Zehensandalen, Holzclogs oder extrem enge Reit- und Gummistiefel stehen, die von ihnen mit Leidenschaft umgarnt werden. Einen regelrechten Kult entfalten sie rund um den Lustgegenstand.



Ja, der Fetischist hat seine "durchaus eigene" Bedürfnisstruktur. Dabei können seine Neigungen für Normalos durchaus ohne Relevanz sein, ja sogar als komplett unerotisch angesehen werden. Mancher Außenstehende wundert sich, was alles an Erotik in so ein Ding hineininterpretiert werden kann.


Offensichtlich gibt es zahlreiche junge Männer, die ein Faible für dekorative Schuhe oder Stiefel an den Tag legen - bei Damen würde man dazu verharmlosend "Schuh-Tick" sagen. Das liegt womöglich daran, dass Jungs gern eine weit verbreitete Praktik anwenden, indem sie an oder in Damenstiefeln masturbieren - was oft schon in der Pubertät eingeübt wurde und nun lustvoll und heimlich zum Vollzug kommt.  Eine in früher Kindheit erworbene Schuhfixierung ist dafür verantwortlich. Wie man weiß wendet das kleine Kind gern den Blick nach unten und nimmt dabei typische Unterschiede in Gehabe und Bewegung bei Damen und Herren  wahr - einschließlich der so verschiedenartigen Zuschnitte von Damen- und Herrenschuhen.


 


Personen, die mit hohen Stiefeln vor der Öffentlichkeit poussieren, tun dies oft genug mit dem Hintergedanken, der erotischen Wirkung ihrer Fußbekleidung absichtsvoll Geltung zu verschaffen. 


In den Rotlichtvierteln der Städte sind sie durchaus sichtbar als Bordsteinschwalben allgegenwärtig; gewisse halbdunkle Straßen ihr Revier. Ihre Dienste anbietend, signalisieren sie potentiellen Freiern die Bereitschaft zu sexuell-dominanten Dienstleistungen - zum Beispiel Auspeitschungen, bei denen hochhackige Schuhe im Mittelpunkt stehen. Vielen ihrer Kunden ist der Wunsch zu eigen, von einer auf masochistische Vorlieben spezialisierten Domina verdroschen zu werden. Im Rahmen eines Rollenspiels bietet sie gerne ihre Stiefelbeine (oder deren Spitzen, Absätze und Sohlen) zum Leckdienst feil. Sexuelle Erfüllung finden manche Freier auch beim Sich-Reiben oder Riechen an ihren Liebes-Objekten. Vorzugsweise werden Schäfte, Schnürungen oder Sohlen in Gebrauch genommen. Manchmal ist das Material bedeutsam: Verbreitet ist die Vorliebe für Lack, Latex, Leder oder Gummi. Etwas anderes treibt transvestitisch orientierte Kunden um, die darauf stehen, sich in enge Stiefel zu zwängen, um als "gefesselt" empfundene Zustände des "Sich-Selbst-als-Dame-Fühlens" auszukosten: Sich nur auf Trippelschrittchen fortbewegen zu können, muss sicher eine besondere Lustwirkung entfalten.







Ein Beispiel: Für einen engen Kreis an Liebhabern ist das Bild einer Frau, die dabei zugange ist, sich Stiefel anzuziehen, sexuell besonders aufgeladen. Ein Youtube Film, der Frauen bei der Stiefelanprobe zeigt, stellt für Rezipienten, die exakt darauf "stehen", Pornografie pur dar. Sie erleben das Einführen des phallischen Fußes in den Vulva-Ersatz als erhebenden Moment, was ihn als Aphrodisiacum hochgradig wirksam werden lässt. Diese Sequenz könnte für eine Mehrheit an Usern hingegen völlig belanglos sein, und vollkommen unsexy wirken, ja nicht mal entfernt mit Lust in Verbindung stehen. Diesen Leuten geht jegliche daraus abgeleitbare "fetischistische Disponiertheit" komplett ab.


Der Stiefel als Fetisch - ein Mann berichtet:


Mein Fetisch sind Cowboystiefel. Schon als Junge war ich ziemlich verrückt nach ihnen. Das war ein rockiger Schuhstil, der mich komplett aus der Bahn warf. An einem gleichaltrigen Jungen waren mir Stiefel ins Auge gefallen - etwas mit dem kein Junge sonst  in Verbindung gebracht werden wollte. Himmlisch fühlte ich mich von seiner Aufmachung angezogen und gab mir ganz viel Mühe, mich an ihn zu halten, und das Schönste war, er ließ es zu, dass ich seine Stiefelbeine mit Staune-Blicken überschüttete. Das war ein Bild nicht von dieser Welt. Ach, und wie beseelt ich jedesmal war, wenn ich mich auf seine Fährte begab. Wie war es möglich, dass man rumlief als könne einen kein Wässerchen trüben? Was war der Grund, dass er nicht wie andere Jungs langweilige Schnürschuhe an hatte? War ihm daran gelegen, einen Hauch von Exotik zur Schau zu stellen? 

Eines Tages brachte ich es fertig, bei meinen Eltern "Bedarf" anzumelden. Weil die zu meiner Überraschung beide Augen zudrückten, bekam ich - allen Ernstes - eigene Cowboystiefel gekauft. Und was für welche! Fortan war ich angehalten, sie mir für alle möglichen Anlässe bereitzuhalten. Unabhängig, welche Aufmerksamkeit dreute, in welche Umstände ich geraten mochte und wie unbehaglich ich mich fühlte. Nun sah ich mich Leuten gegenüber, die sonst durch mich hindurchsahen, sich nun aber angesichts meiner Stiefelbeine neugierig-staunend vor mir aufbauten und genüsslich an mir runterschielten, ähnlich wie ich bei meinem Freund praktizierte. Stiefel bei Jungen ist eine haarsträubende Wirkung zu eigen, was daran liegen könnte, dass sie einen kleinen Eindruck von Verworfenheit geben. Ich war nun endlich Außenseiter. Oft genug, wenn ich in Stiefeln über den Schulhof schlurfte, geriet ich in kitzlige, um nicht zu sagen riskante Zustände, da bei gewissen Mitschülern ein ausgeprägtes, niemals versiegendes Kommentierbedürfnis bestand: Angestachelt wetteiferten sie untereinander, mich wegen meiner Stiefel aufzuziehen.





Hierzu schreibt Dr. Kai Hoffmann aus Frankfurt: "Es gibt zwei Sorten von Menschen auf dieser Erde, die einen tragen Cowboystiefel, die anderen nicht. Diejenigen, die Cowboystiefel tragen, scheiden sich wiederum in zwei Lager: Die einen tragen Cowboystiefel aus einer Lebenshaltung heraus, die andern, weil's modisch vergänglich ist. Diejenigen, die Cowboystiefel als Lebenshaltung tragen, trenne ich in zwei Sphären von Weltbürgern auf: Die einen tragen Luccheses, die andern nicht. Denn: Wer Luccheses trägt, läuft, ich schwör's Euch, mit einem andern Bewusstsein durch die Welt.....Solchen echten Cowboystiefelträgern haftet seit jeher ein Stück ungeschriebener Zukunft und damit Freiheit an den Sohlen, ein Stück Eroberung, Aufrichtigkeit und Wagemut."
 




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